Wie Jesus zu einem "Trinschpatele" kam

Seit Menschengedenken  findet  in Tresdorf alljährlich das inzwischen schon weithin bekannte Passionsspiel statt. Auch wenn die Tresdorfer ihre “Kreizziacha” immer sehr ernst nehmen, so ereignen sich bei den Aufführungen doch manchmal merkwürdige Begebenheiten.

Die wohl schwierigste Aufgabe obliegt dem Christus-Darsteller: Er muss nicht nur das schwere Kreuz den steilen Weg zur Kirche hinauf tragen, sondern auch noch die Feindseligkeiten seiner Bewacher erdulden. So sah er sich einmal gezwungen, vor den allzu groben Bewachern das Weite zu suchen. Erst nach gutem Zureden und dem Versprechen einer schmerzfreien  “Behandlung”, konnte er dazu überredet werden, das Spiel fortzusetzen.

Ein anderes Mal kam der für die Rolle des Simon von Cyrene Vorgesehene stark angesäuselt zum Spiel. An eine aktive Mitwirkung war in diesem Zustand nicht zu denken, was aber nur den übrigen Mitspielern, nicht aber dem “Simon” selbst einleuchtete. Es half kein gutes Zureden: Er wurde kurzerhand in der großen Utensilien-Truhe ruhig gestellt.

Noch heute ist es üblich, dass der wilde, im Tausch gegen Jesus freigelassene Barabbas vor Freude einen lauten “Juchitzer” ausstößt und dann den Bach entlang in die Freiheit rennt. Einmal kam ihm die zu lange Kutte in die Quere. Er stolperte und stürzte in das damals noch unverbaute Bachbett. Zum Glück blieb er unverletzt.

Nur die zentralen Rollen werden regelmäßig von denselben Personen dargestellt. Die Zuteilung der übrigen Rollen erfolgt in der Regel nach Verfügbarkeit und Eintreffen der Mitspieler. Dadurch ist eine gewisse Kreativität in der Ausführung gegeben. So hängte einmal ein Mitwirkender - wahrscheinlich ein engagierter Jungvater - das Schweißtuch nicht wie üblich, über den Rücken des verurteilten Jesus, sondern brachte es wie ein “Trinschpatele” auf dessen Brustseite an. Zum Glück fiel dies nur dem Jesus selbst und den “kreuz-ziehererfahrenen”   Zusehern auf.

Vor 30 Jahren wurde die Ausstattung für das Passionsspiel noch in der unversperrten Scheune beim Wenner aufbewahrt. Einige Kinder fanden die Masken und Kleider, vor allem aber die Lanzen und Peitschen hervorragend für ein Räuber-und-Gendarm-Spiel geeignet, sodass am Gründonnerstag sämtliche Utensilien fehlten. Dies war übrigens das einzige Mal, dass die Aufführung der Kreuzzieher im Hochsommer stattfand.

erzählt von Helmut Kerschbaumer

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