Beim Schwersberger Moar lebte die Frieda. Obwohl sie mit dieser Familie in keiner Weise verwandt war, nannten sie alle "die Moar Frieda". Wenn die etwas einfältige Frau ins Geschäft kam, meistens
ohne Geld, erbettelte sie von meiner Frau immer ein Kopftuch, denn wir hatten ja in der Stellage einen kleinen Stapel solcher Tücher. Obwohl sie von Klara schon das eine oder andere Tuch
geschenkt bekommen hatte, frage sie immer wieder und wählte sich bei der Gewährung ihres Wunsches dann das schönste aus. Getragen hat sie davon keines. Wahrscheinlich hütete sie die Tücher in
ihrer bescheidenen Unterkunft wie einen wertvollen Schatz. Manchmal kam sie ziemlich verzweifelt vom Berg herunter und sagte: "Jetzt gehe ich auf die Möll!" Irgendwie erhoffte sie sich von mir
einen kleinen Trost in Form von etwas Essbarem und einen Ratschlag, wie sie ihre Krise überwinden könne. Einmal erblickte sie im Obstregal schöne große Pfirsiche, von denen sie unbedingt einen
kosten wollte. Gierig verschlang sie die saftige Köstlichkeit und bemerkte zu spät den Pfirsichkern, der ihr auch prompt im Hals stecken blieb. "Ich erstick´, ich erstick´!", rief sie und rannte
zur Bachbrücke, wo sie versuchte, ihn wieder herauszuwürgen. Nach einer Weile kam sie wieder, lachte und sagte: "Den Schwein-Kern hab´ ich jetzt gschluckt."
Obwohl die Frieda, die ständig in einem zerschlissenen Kittel und dreckigen Gummistiefeln unterwegs war, ziemlich einfältig wirkte, überraschte sie oft mit treffenden Aussagen. Wenn sie von
Tresdorfern spaß0halber zur Mithilfe aufgefordert wurde, antworte sie "Für was denn? Man bekommt dabei eh nur eine Schaufel in die Goschn." Auf derbe, nicht ganz ernst gemeinte
Annäherungsversuche antwortete sie den Männern unmissverständlich: "Aber ansteigen lass´ ich mich von euch nicht." Sie musste sich nicht nur gegen solche Attacken zur Wehr setzen, sondern auch
gegen die der Dorfkinder, für die das "Frieda-Tratzen" eine willkommene Abwechslung war. Trotzdem kam sie immer wieder gern ins Dorf.
erzählt von Alfons Gradnig